La Suizandina – Santiago de Chile (28.03.2013 – 07.04.2013)

La Suizandina – Victoria (84 km) – Los Ángeles (113 km) – Canta Rana (109 km) – Linares (137 km) – Chimbarongo (149 km) – Graneros (84 km) – Colina (140 km) – Los Andes (32 km) – Los Andes via Guardia Vieja (80 km) – Santiago de Chile (17 km)

Nun sollte es also wieder weitergehen. Ich packte meinen Krempel aufs Fahrrad. Ca. sechs Wochen waren Yolanda und Markus meine Begleiter und wir hatten in dieser Zeit einiges zusammen erlebt. Entsprechend schwer fiel der Abschied und ich hatte etwas Mühe, mich wieder an das alleine radeln zu gewöhnen.

Zu Beginn führte die Strasse durch die Berglandschaft zum ca. 600 m tiefer gelegenen Victoria. Um das Städtchen zu erreichen waren aber ca. 1’300 m Abfahrt nötig und die Zwischenanstiege hatten es ganz schön in sich.

Danach ging’s bis Los Andes auf der Autobahn weiter. Diese Strecke war nun nicht wirklich ein Highlight und ich wählte sie nur, um die Hauptstadt schnellstmöglich hinter mir zu lassen. Zwischendurch konnte ich wieder die nach der Ernte abgebrannten Felder sehen. Dazu kamen Rebgüter und ganz selten standen Brettersiedlungen auf dem schmalen Streifen zwischen Autobahn und Bahngleisen. Interessant war aber, dass die Berge von links (Küstenkordillere) und rechts (Königskordillere) immer näher rückten, während ich vorne ebenfalls auf einen Bergkamm zufuhr.

Los Ángeles wollte ich eigentlich umfahren. Da ich auf der Umfahrung aber keine Einkaufsmöglichkeit fand, entschied ich mich, doch noch ins Zentrum zu fahren, einzukaufen und einen Zeltplatz zu suchen. Auf dem Weg zum Supermarkt rief mir jemand aus einem Auto was zu. Da sie auch in dieselbe Richtung abbogen, hielt ich an, um mich mit ihnen zu unterhalten. Vorne sassen Paola und ihr Sohn Luca, die auf dem Weg zur Mutter (bzw. Grossmutter) waren, hinten das befreundete Paar Benjamín und Bessy. Sie fragten mich, wonach ich suchte und luden mich spontan zum Karfreitagsznacht und zum übernachten ein. Es war ein lustiger Haufen. Natürlich konnte ich am nächsten Tag nicht vor dem Mittagessen gehen und da das jeweils spät beginnt, blieb ich gerne eine zweite Nacht. Den Abend verbrachten wir wieder mit Plaudereien und einem Papierfaltwettbewerb 😉 Benjamín und Paola verabschiedeten sich mit tränenden Augen. Wirklich eine unerwartete und sehr herzliche Bekannt- und Freundschaft 🙂

Nun wollte ich einen Tag später als ursprünglich angenommen die Viña Chillán erreichen, die mir in der Suizandina empfohlen wurde. Ich wollte dort ein Zimmer nehmen oder neben an zelten – und falls das nicht möglich wäre, wüssten sie bestimmt was. Unterwegs schaute ich mir die Saltos del Laja an. Die Wasserfälle wirken bestimmt noch etwas schöner, wenn man nicht grad am Ostersonntag um 14.00 vorbeigeht. Am Abend erreichte ich schliesslich die Viña. Dummerweise war sie aber über das Osterwochenende geschlossen und so gab’s halt auch keine Übernachtungstipps. Am Morgen war ich erst spät weggekommen und es begann schon zu dunkeln, als ich mich auf die ca. 30 km in die nächste Stadt machte. In einem Minimarket plauderte ich ein paar Minuten mit dem Besitzer Mario, der mir empfahl, nicht mehr weiterzufahren, da nach den Feiertag oft Betrunkene auf den Strassen umherkurven würden. Er bot mir an, meinen Schlafsack in der Hütte nebenan auszubreiten. Wieder einmal hatte sich eine völlig überraschende Lösung ergeben.

Die weiteren Etappen führten entlang der Autobahn und abends suchte ich mir jeweils ein Zimmer – Campingplätze fand ich jetzt keine mehr und an wildzelten war schon gar nicht zu denken.

Am Ostermontag fuhr ich an einem langen Stau vorbei, bis ich schliesslich die Demonstration der Bauern erreichte. Zu Fuss oder mit dem Velo konnte man aber Problemlos zwischen den abgestellten Traktoren durch passieren.

In Colina (immerhin ca. 50’000 Einwohner) wusste kein Taxifahrer ein Hostal, Hostería oder Hotel. Als ich es bereits per Autostopp nach Los Andes versuchen wollte, fragte ich zufälligerweise bei einem Kumpel eines Hostalbesitzers. Er rief an und Rodrigo erwartete mich bereits an der Strassenecke. Er empfahl mir aber, nachts nicht mehr zum essen auszugehen – das erste Mal auf meiner Reise! Generell hatte ich das Gefühl, die Bevölkerung in der Nähe der Hauptstadt sei misstrauischer, irgendwie “finsterer” – kein Vergleich mehr mit der Herzlichkeit in Südpatagonien, im Seenland oder auch noch im nicht so fernen Los Ángeles. Zum Glück fand ich aber doch in allen Ortschaften angenehme Gesprächspartner: interessierte Wirte, die nette ältere Coiffeuse oder auch in der Touri-Info in Los Andes.

Die von eben dieser Touri-Info empfohlene Unterkunft war bisher mein grösster Fehlgriff und ich beschloss ziemlich schnell, doch keinen Ruhetag in Los Andes einzulegen. So machte ich mich am 06.04.2013 wieder auf den Weg. Heute wollte ich den ersten Teil des Paso Bermejo (oder Paso Libertadores) zurücklegen und das Skihotel in Portillo erreichen. Nach ca. 40 km kam ich bei der Guardia Vieja aber nicht mehr weiter. Aufgrund einer Baustelle ist der Pass momentan nur in einer Richtung befahrbar: von Argentinien nach Chile von 08.00 – 19.00, in die Gegenrichtung von 20.00 – 07.00. Der Polizist liess sich nicht überzeugen, dass es bei einem Velo nicht wirklich darauf ankommt, ob die von oben oder die von unten daran vorbeifahren müssen. Ich versuchte es nachts dann per Autostopp, war aber überraschenderweise nicht erfolgreich. So musste ich mich entscheiden, nachts ca. drei Stunden den Pass hinauf zu fahren und zu hoffen, dass das Hotel geöffnet war und auch Platz hatte oder ca. zwei Stunden zurück nach Los Andes.

Ich entschied mich für die Rückfahrt, welche ich am nächsten Nachmittag gleich bis Santiago de Chile fortsetzte. Diesmal war es wieder kein Problem, auf einem Pickup eine Mitfahrgelegenheit durch den Tunnel zu finden – der Fahrer war sogar auf dem Rückweg ins Zentrum, wo er mich am frühen Abend ablud. Nach einigem Suchen fand ich schliesslich für die erste Nacht ein Zimmer in einem Hostal. Nachts buchte ich für die kommenden Tage ein Apartment im Zentrum. Ich wollte nun der Hauptstadt Chiles eine Chance geben und auch überlegen, auf welcher Route ich weiterfahren soll.