Puerto Natales – Puerto Montt (7 km / Navimag-Fähre) – Puerto Varas (27 km) – Petrohue (62 km) – Llao Llao (11 km / 3 Fähren / Bus)
Durch den Sturm – ausnahmsweise sprachen sogar die Einheimischen von starkem Wind – musste die Fähre vor dem Hafen warten und konnte deshalb erst mit sieben Stunden Verspätung einlaufen. Wir konnten uns also genügend Zeit für den Nachtisch und einen Drink in einer Bar lassen, mussten wir doch erst nachts um 01.00 wieder beim Treffpunkt sein. Danach ging’s zügig auf’s Schiff und um ca. 03.30 war ich im Bett. Im Massenschlag hatte ich einen ziemlich guten Platz erwischt. Er lag am Ende der letzten Kabine, sodass praktisch keine Lauferei vorne durch ging. Zudem hatte ich ein weniger einengendes Gefühl als bei den Viererkabinen, bei denen einfach noch eine Tür angebracht war.
Die Fahrt führte durch eine wunderschöne Landschaft mit vielen Kanälen und Fjorden. Am ersten Tag besuchten wir sogar einen Gletscher. Von Zeit zu Zeit zeigten sich Delfine und einige Passagiere konnten auch Orcas beobachten. Die ganzen drei Tage hatten wir Wetterglück und die Sonne schien oft. Zwischendurch wurden verschiedene Infoveranstaltungen (Säugetiere, Vögel, Entstehung Patagoniens usw.) gezeigt. Die Animationsveranstaltungen wie Karaoke, Bingo und Videos liess ich aber bleiben und ging lieber ein bisschen auf dem Deck spazieren oder lesen. Spanisch war hier eher eine untergeordnete Sprache, es schien viel mehr englischsprechende Passagiere zu haben und auch Deutsche und vor allem Schweizer waren sehr gut vertreten. Ich traf auf dem Schiff die beiden Franzosen Gilles und Jacques wieder, die in Puerto Natales im gleichen Hostel übernachtet hatten. Zudem war ich ja bereits mit Irene, Yolanda und Markus am Vorabend essen und wir hatten uns gemeinsam auf’s Schiff begeben. So gab es auch noch ein kleines Jass-Duell 😉
Durch die geschützte Streckenführung war das Wasser ziemlich ruhig und auf dem kurzen Teil über offenes Meer beruhigte ich meinen Magen vorsichtshalber mit Tabletten gegen Seekrankheit. Leider machte sich dann aber eine Erkältung bemerkbar und ich ging doch zeitig schlafen. Auch am dritten Tag versuchte ich mich mit einer ausgedehnten Siesta zu erholen. Die letzte Nacht verbrachte ich mehrheitlich wach und war deshalb auch der erste, der aufstand – mit Ausnahme der Arbeiter, die um 05.00 bereits mit dem Ablad begonnen und z.B. die mitgereisten Kühe ausgecheckt hatten. Nach dem Frühstück ging’s wieder an Land und wir warteten auf unser Gepäck. Bei mir fehlten zwei Taschen und der grosse Rucksack. Irgendwann fragte ich dann mal nach, ob sie daran gedacht hätten, den Aufbewahrungsraum zu leeren – und etwas später war auch mein Krempel wieder komplett.
Yolanda und Markus aus Aarau haben in etwa die gleichen Vorstellungen über die weitere Reiseroute und deshalb entschieden wir uns, bis auf weiteres gemeinsam weiterzufahren. Später fliegen sie von Santiago de Chile nach Boston, während ich dann vermutlich Richtung Iguazú-Wasserfälle weiterradle. In Puerto Montt angekommen machten wir uns nach einem kleinen Imbiss auf die Suche nach eine Zeltplatz und fanden ihn ein paar Kilometer ausserhalb des Zentrums, was bei dieser Grossstadt aber angenehm war. Abends hatten wir uns mit Irene beim Fischmarkt verabredet und später beim Essen stiess auch Peter noch zu uns. Er arbeitete einige Zeit in einer Schweizerschule in Brasilien und ist jetzt mit dem Auto auf Südamerikareise. Irene schlug vor, noch gemeinsam einen zweitägigen Ausflug auf die Insel Chiloé zu machen. Für mich kam das nicht in Frage, ich hätte mich dann lieber zwei Tage auskuriert. Yolanda und Markus waren sich aber noch unschlüssig und vertagten die Entscheidung.
Am nächsten Vormittag trafen wir um ca. 10.30 beim vereinbarten Restaurant ein, wo wir mit Irene erst mal was warmes tranken und später auch frühstückten. Der Tag war regnerisch und mit viel Plauderei verging die Zeit rasch. Also bestellten wir irgendwann auch noch unser Mittagessen. Später stiess auch Peter wieder zu unserer Runde. Ihm war am Vorabend während dem Essen das Auto aufgebrochen worden. Dabei wurden die Kamera mit allen Fotos und das I-Pad mit dem gesprochenen “Tagebuch” gestohlen. Wirklich ärgerlich, hatte er uns doch noch gefragt, wie wir Sicherungen machen würden. Leider ist er nicht mehr rechtzeitig dazugekommen. Schliesslich entschlossen wir uns doch noch zur Weiterfahrt nach Puerto Varas und Peter bot uns an, das Gepäck im Auto mitzunehmen. Der Regen war zum Glück vorüber und wir folgten ihm in die Tiefgarage, um umzuladen. Als wir die Tiefgarage wieder verliessen, mussten wir als erstes unser Regenzeug montieren – und danach schüttete es, was nur runterging. Die hügelige Strecke war zum Glück nur kurz und um 18.30 trafen wir Peter beim vereinbarten Restaurant. Wir folgten ihm zum Hostel und checkten selber auch gleich dort ein. Danach gingen wir gemeinsam essen und alle waren froh, in dieser Nacht ein Dach über dem Kopf zu haben.
Nun sollte die Radlerei wieder losgehen und wir machten uns nach dem Einkauf kurz vor Mittag auf den Weg. Die Wolken liessen Regen erwarten, tatsächlich nieselte es aber nur leicht und die Sonne kam mehr und mehr hervor. Seit unserer Abfahrt in Puerto Natales hatte sich die Vegetation stark verändert. Wir waren zwar immer noch in Patagonien (einfach ca. 2’000 km nördlicher), das karge Buschland war aber üppigem Wald gewichen und es war richtig schön, das Grün auch zu riechen. Beim Zmittag trafen wir nochmals auf Gilles und Jacques, später noch auf einige andere Bekanntschaften vom Schiff. Am Nachmittag besuchten wir einen Wasserfall und etwas später erreichten wir Petrohue. Beim Fährschalter wurden wir auf den nächsten Morgen vertröstet und so machten wir uns auf zum Campingplatz. Dieser ist sehr schön am See gelegen und unser Bereich hatte sogar einen eigenen Tisch mit Bänken. Dass der Weg zur Toilette wie die meisten Zeltplätze die ganze Nacht beleuchtet waren, im WC selbst aber keine Lampe vorhanden war, drückte mir ein Fragezeichen auf die Stirn, war aber eigentlich ja egal…
Unser nächstes Ziel war Bariloche – oder wie es komplett heisst: San Carlos de Bariloche. Wir hatten uns eine Route durch zwei Nationalparks auf chilenischer und argentinischer Seite ausgesucht und mussten dazu mit drei Fähren fahren. Zwischen der ersten und zweiten Fähre war ein ca. 30 km langes Stück Schotterstrasse, das auch noch über einen Pass führte. Nach zähen Verhandlungen stimmten wir der Lösung des Angestellten zu. Unser Gepäck sollten wir mit in den Bus nehmen, die Velos würden sie an der Grenze (oben auf dem Pass, 4 km vor dem nächsten See) deponieren, von da müssten wir wieder selber fahren. Das war zwar saumässig unlogisch, aber was soll’s… Wir vereinbarten allerdings mit dem Busfahrer, dass er zumindest das Gepäck doch noch bis zur nächsten Fähre transportiert und machten uns mit unbepackten Rädern auf die Abfahrt. Am See mussten wir erst die Zollangelegenheiten erledigen, danach wurden wir von Mücken beinahe aufgefressen. Unglaublich, dass sich diese Dinger nicht an die Packungsanweisung halten können. Schliesslich hatte ich den Insektenschutz doch extra auf spanisch gekauft. Am nächsten Morgen zählte ich 15 Stiche – das waren allerdings nur jene, die durch die Radlerhosen gingen! Von der letzten Fähre konnten wir erst um ca. 20.00 runter und die 25 km nach Bariloche schienen uns im hügeligen Gebiet zu weit. Auch zum nächsten Campingplatz waren es noch 10 km. Wir folgten einem B+B-Schild, allerdings war dieses Haus schon voll belegt. Etwas weiter lag direkt an der Strasse die Hosteria Katy und diesmal hatten wir Glück.
Bereits bei der Ankunft waren mir die Fahrräder und die Seitentasche in der Garage aufgefallen. Dirk war Ende der 90er-Jahre als Rucksackreisender durch Süd- und Mittelamerika gereist und hat auf dieser Reise Adriana (Adi) kennengelernt. Mittlerweile sind die beiden verheiratet und haben drei Kinder. Die Hosteria haben sie vor kurzem von Adis Eltern übernommen. Neben Dirk sprechen auch Adi, ihre Mutter Katy und die Kinder deutsch – letztere aber nur, wenn sie etwas wollen 😉 Dazu kann man sich natürlich auf spanisch aber auch auf englisch und portugiesisch (Adi) oder slowenisch (Katy) unterhalten.
Dirk empfahl uns, nicht nach Bariloche weiterzufahren sondern in Llao Llao (spanisch Jao Jao, argentinisch: Schao Schao) zu bleiben. In Bariloche gäbe es einfach viele Läden, Hotels, Restaurants und sonstige touristische Infrastruktur, die Leute kämen aber wegen der Umgebung und die sei bei ihnen 😉 Er bot uns auch an, im riesigen Garten zu zelten, was Yolanda und Markus dann auch machten. Ich schlug mich immer noch mit meiner hartnäckigen Erkältung rum und bevorzugte deshalb eine etwas wärmere Behausung. Am ersten Abend hatten wir uns in Bariloche nochmals mit Irene zum Essen verabredet. Sie kam auf dem gleichen Weg wie wir, hatte aber eine Rundreise gebucht. Die Zeit verging wieder einmal wie im Flug und wir machten uns ziemlich spät auf den Weg zum Bus zurück nach Llao Llao. Irene gab mir noch einige Antibiotikatabletten mit, da ich offensichtlich kurz vor einer Kieferentzündung stand. Ich war natürlich dankbar, wollte aber doch noch die kommende Nacht abwarten. Am nächsten Morgen ging es mir bereits besser und ich konnte die Tabletten zu meinen übrigen Medikamenten versorgen. Die restlichen Tage in Llao verbrachten wir mit einem Ausflug auf den Cerro Llao Llao, einer 25 km-Rundfahrt mit dem Velo inkl. Fondueessen auf dem Circuito chico, einer Sesselliftfahrt auf den Cerro Campanario sowie viel lesen und ausruhen. Dabei konnten ich meine Erkältung und Yolanda ihre Sehnenscheidenentzündung auskurieren.
Wir fühlten uns hier richtig wohl und der Abschied fiel uns ziemlich schwer. Aber das gehört halt bei der Reiserei auch dazu…