La Paz – Pichilingüe (26 km) – Mazatlán (21 km / Fähre) – Tepic (Auto) – Ixtlán del Río (74 km) – Tequila (72 km) – Guadalajara (67 km)
Am Montag ging keine Fähre (bzw. sie war auf der Rückfahrt) und so machte ich mich einen Tag später als geplant auf den Weg, die Baja California Richtung “Festland” zu verlassen. Gleich zu Beginn wollte ich beim vom Hotelpersonal bewachten Velo den Sattel gerade stellen, konnte aber mein Multi-Tool nicht finden. Verloren oder geklaut? Normalerweise verliere ich mein Zeugs ja selber. Das geschlossene Täschchen unter dem Sattel deutete diesmal aber eher darauf hin, dass ich nicht vergessen hatte, mein Werkzeug wieder einzupacken – Sauladen! Nach einigen km Umweg und einer Stunde Sucherei fand ich dann dank Warmshowers doch noch einen Fahrradladen, der solche Dinger verkaufte. Die gute Frau wartete auf andere Radler und sprach mich deshalb an. Ich war zwar keiner der erwarteten Gäste, weiterhelfen konnte sie mir aber trotzdem. Die Fahrt zum Fährhafen in Pichilingüe führte über einen Hügel und nochmals an einigen kleineren aber malerischen Stränden entlang.
Kabinen waren keine mehr frei, weshalb ich wie im Flugzeug einen Sitz zugewiesen bekam. Mein Nachbar Nick aus Manchester ist schon seit Jahren mehr oder weniger als Rucksackreisender unterwegs und hat dabei das günstig bis beinahe gratis Reisen perfektioniert. Später las ich ein bisschen im Café und wurde dabei von Ash angesprochen. Er und seine Freunde kommen aus Neuseeland und sind mit einem Van auf dem Weg nach Yucatán. Wir plauderten und spielten Karten. Später versuchte ich, im Schlafraum (der mit den Flugzeugsitzen) etwas zu schlafen. Allerdings war dieser zu kalt, zu hell und zu laut. Ich schnappte mir also meine Decke und liess mich im mittlerweile verdunkelten Café nieder.
Am nächsten Mittag erreichten wir dann Mazatlán. Eigentlich wollte ich gleich weiterfahren. Die drei Neuseeländer boten mir aber an, mich ein Stück mit dem Van mitzunehmen. So suchte ich das empfohlene Hotel La Siesta und nahm mir ein Zimmer. Am Nachmittag suchte ich den Campingplatz ca. 10 km weiter nördlich, um das Hinspiel der WM-Playoffs zwischen Mexiko und Neuseeland zu schauen. Die Begeisterung meiner drei neuen Reisegespanen konnte nach dem klaren 5:1 irgendwie nicht mit der mexikanischen Freude mithalten. Danach spielten wir im Campingpool ein Weilchen mit Rugby- (sehr gut, Neuseeland) und Fussball (nicht so gut, Neuseeland) und gingen anschliessend was essen.
Nun sollte es bis Tepic gehen. Der Morgen war aber mit warten ausgefüllt. Erst auf den doofen Kellner, der 20 min brauchte, bis ich endlich meine Cola bezahlen konnte, danach auf die Neuseeländer, die mich nicht fanden. Endlich unterwegs schafften wir es nicht mehr ganz bis zur Tankstelle – seit dem letzten Boxenstopp hatte die Warnleuchte den Geist aufgegeben. Immerhin mussten wir nur ca. 300m gehen, um einen 10l-Kanister zu füllen. Ich schlief dann hinten eine Runde und stellte so erst mit etwas Verspätung fest, dass ich die Gegend anders wahrnahm, als im Bikebuch beschrieben. Sie meinten, es sei ziemlich eintönig. Nach den Wochen im trockenen Kalifornien und auf der noch trockeneren Baja California war das viele Grün aber eine schöne Abwechslung. In Tepic kamen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit an. Wir fuhren ins Zentrum, um für mich ein Zimmer zu suchen, die anderern wollten aus Kostengründen lieber im Auto schlafen. Nach dem Abendessen kauften wir schliesslich ein und versuchten unser Glück bei der Ausfahrt aus der Stadt direkt an der MEX15. Dort fanden wir schliesslich ein Motel, dessen erster Eindruck widerlegt wurde: mein Zimmer war günstig, ziemlich sauber und mit einer guten Dusche ausgestattet. Den Van konnten sie davor parken und Dusche und WC in meinem Zimmer nutzen.
Wir verstanden uns blendend. Deshalb überlegte ich mir, noch eine Etappe mit den dreien zu fahren. Als ich am Morgen erwachte und im Van nach meinem Frühstück immer noch alles still war, entschied ich mich dann doch für’s Rad. Wie erwartet war die Strasse recht hügelig. Der Himmel war bewölkt, der Regen hielt sich aber (noch) zurück. Am frühen Nachmittag erreichte ich bereits Ixtlán del Río. Am Abend machte ich mich auf die Suche nach einer neuen Fahnenstange – die alte hatte ich in Mazatlán abgebrochen. Schliesslich fand ich eine Gewindestange aus Metall, die genau die richtige Dicke hatte.
Bereits am späten Abend hatte es zu regnen begonnen. Ich überlegte, einen Tag zu warten, machte mich dann aber doch auf, da ich in Tequila ja ein Zimmer nehmen und für eine Destilleriebesichtigung einen Ruhe- bzw. Trockentag einlegen wollte. Es schüttete also fleissig weiter und die Strassen wurden mit der Wassermenge kaum fertig. Im Städtchen berührten meine Pedale teilweise die Oberfläche! Dann zeigte sich mal wieder die Qualität der überteuerten Regenkleidung. Nach nur 20 min liessen sowohl Jacke als auch Hose das Wasser mehr oder weniger ungehemmt durch und nach ein paar Stunden gab auch der Velocomputer wieder den Geist auf. Als ich Tequila nach einer langen Abfahrt schliesslich erreichte, war ich längst völlig durchnässt. Nun wollte ich schnellstmöglich eine warme Dusche, um mich wieder aufzuwärmen. Dummerweise wurde am nächsten Tag ein Marathon veranstaltet, weshalb sämtliche Hotels ausgebucht waren. Nach einer Stunde Sucherei hatte ich dann doch noch Glück, da anscheinend jemand seine Reservation verfallen liess. Natürlich stellte ich dann auch noch fest, dass die hinteren Packtaschen nicht ganz dichtgehalten hatten. Vaude ist halt nicht Ortlieb!
Für den Sonntag hatte ich dann eine Tour mit Stadtrundfahrt und Destilleriebesichtigung gebucht. Die Reiseleiterin ratterte ihren Text herunter, wobei ich etwa die Hälfte verstand und mir die andere Hälfte etwa denken konnte. Immerhin verstand ich die Geschichte von Don Francisco, dem alten Mann, bei dem sie sich darum streiten, ob er jetzt so alt und gesund sei, weil er regelmässig seinen Tequila trinke oder ob’s vielleicht doch eher daran liege, dass er nie geheiratet habe 😉 Danach besuchten wir eine ältere Destillerie, die grösste noch bestehende öffentliche Wäscherei Mexikos mit ihren ca. 80 Waschplätzen sowie die sehr touristische Führung durch die Destillerie Mundo Cuerva.
Nach einem Nachmittagsschlaf machte ich mich auf die Suche nach einem Arzt. 39°C waren mir dann doch etwas hoch. Schliesslich wurde ich beim Roten Kreuz fündig. Mit dem Rezept wanderte ich auf die andere Strassenseite, wo man mir die Medikamente (Brauche ich da keine Spritze zu? Ach so, ja.) gab. Eine Kopie des Rezeptes wollten sie mir aber unter keinen Umständen geben. So musste ich am nächsten Tag nochmals vorbei – die Dosierung stand eben auch nur auf dem Rezept. Dann musste ich noch über die Anzahl Tagesstunden philosophieren. Zwei Tabletten alle 12 Stunden macht nach mir vier pro Tag und 28 für eine Woche – da reicht eine 20er-Schachtel halt nicht. Sie war aber der Meinung, zwei alle 12 Stunden sei gleichbedeutend mit zwei pro Tag. Einig wurden wir uns nicht, sie verkaufte mir aber schliesslich eine zweite Packung 😉
Nach einer Woche war ich endlich wieder fahrtüchtig. Erst musste ich aber noch bei der Wäscherei und beim Roten Kreuz vorbeischauen. Erstere hatten mir meine Stofftasche nicht wieder eingepackt, von zweiteren brauchte ich ein Arztzeugnis. Dann kämpfte ich mich die zum Glück nicht allzu steile Strasse hoch. Die Krankheit und der mangelnde Appetit steckten mir aber noch ziemlich in den Knochen. Nach einer langen Mittagspause bei einer Flasche Cola und einem Nickerchen fuhr ich dann weiter. Kurz darauf verpackte ich meine Jacke wasserdicht – es blieb aber vorerst bei einigen Tropfen. Dann traf ich einen Fussgänger. Er sei am Wochenende an ein Fest in der Nähe gereist und im Hotel oder Hostel hätten sie ihm all sein Zeugs geklaut, weshalb er nun zu Fuss auf dem Rückweg sei. Turnschuh links und Slipper rechts überzeugten mich von seiner Story. Ich half ihm mit einem Getreideriegel, einer Flasche Wasser und etwas Kleingeld aus – schliesslich war ich ja auch schon froh über etwas Hilfe unterwegs. Am späten Nachmittag erreichte ich dann Guadalajara. Die Strassen wurden immer schlechter, die Löcher immer grösser – da hätte unsere Bundes-Doris mit ihren Vignetten doch ordentlich was zu tun 😉 Auf dem Weg zum gebuchten Hostel begann es natürlich nochmals richtig zu schütten. Ich schaffte es aber schliesslich, mich durchzufragen und als ich ankam, war ich schon beinahe wieder trocken.