Alaquàs – La Llosa (55 km) – Torreblanca (75 km) – L’Ametlla de Mar (107 km) – Vilanova i la Geltrú (107 km) – Barcelona (66 km) – Blanes (68 km) – Figueres (92 km)
Der Grund, beinahe ins Zentrum von Valencia zu fahren, war die Suche nach einem Laden von Decathlon, einer Sport- und Outdoorkette. Endlich konnte ich einen neuen Sattel kaufen und nach der gestrigen Nachtfahrt auch noch die verlorene Sonnenbrille ersetzen. Für den lotterigen Spiegel hatten sie aber nichts im Angebot. Dann machte ich mich auf die Suche nach einem Weg nach Norden, ohne dabei auf die Autobahn zu geraten. Das war gar nicht so einfach. Ich kam zwar immer wieder mal an Radwegen vorbei, die mir aber nichts nützten, da niemand auf die Idee gekommen war, zu markieren, wohin sie führen. So landete ich in einem Mc Donald’s. Die amerikanischen Ketten bieten generell WIFI an. Ich schrieb dann auch gleich eine E-Mail an Burger King und motzte über die falsche Richtungsangabe von letzter Nacht und schrieb auch, dass ich auf der Suche nach einer Internetverbindung eben an einem anderen ihrer Restaurants vorbeigefahren sei, aber keine Lust gehabt hätte dort einzukehren. Beantwortet haben sie die E-Mail nicht – vielleicht fühlten sie sich durch den Hinweis provoziert, das WIFI bei Mc Donald’s funktioniere aber auch toll 😉 Mit Google Maps und einigen Nachfragen schaffte ich es dann aber doch noch aus dem Stadtgebiet raus und landete auf der N340. In den nächsten Tagen sollte es leichter werden: einfach der N340 folgen und solange das Meer rechts ist, stimmt die Richtung.
Die nächsten Tage ging’s also dem Meer entlang, zwischendurch über eine Steigung hinter den ersten Höhenzug und dann wieder zurück. Die kürzeren Wege waren dann üblicherweise so lausig ausgeschildert, dass ich im Nachhinein auf der N340 trotz Umwegen doch schneller gewesen wäre. Kurz nach Castellón feierte ich Kilometer 12’000 mit einem späten Mittagessen: ein Baguette mit Streichkäse und natürlich Serrano-Schinken. Nur einen Tag später zeigte dann auch die Uhr mit 700 Stunden Fahrzeit mal wieder eine runde Zahl an. Kurz vor Vilanova i la Geltrú traf ich auf eine Gruppe junger Deutscher aus München, die unterwegs noch einen Italiener adoptiert hatten. Letzterer war unterwegs nach Valencia, die Deutschen mussten es in acht Tagen nach Portugal schaffen, wenn sie ihr eigentliches Ziel, ein Festival, nicht verpassen wollten. Das Treffen mit Pablo, einem anderen Warmshowers-Mitglied, musste ich mir dann wieder mal verdienen. In Tarragona brauchte ich mal wieder einen Online-Stadtplan, da zwar immer wieder verschiedenfarbene “alle Richtungen”-Schilder in der Gegend rumstanden, diese aber alle auf den selben Autobahnzubringen ausgerichtet waren. Ich erreichte Vilanova i la Geltrú nur kurz nach Pablos Feierabend und wir verabredeten uns bei der Touri-Info am Strand. Die war zum Glück ausgeschildert – bis ich auf der Strasse blieb, wo ich die Unterführung hätte benutzen sollen! Nach einer Extrarunde war ich wieder an der gleichen Stelle, fuhr diesmal unten durch und traf dann am Treffpunkt ein. Zusammen fuhren wir ein Stück zurück und ich landete zum dritten Mal bei dieser Verzweigung. Pablos Wohnung lag gleich nebenan 😉
In Vilanova fühlte ich mich zum ersten Mal seit Rivas Vaciamadrid, meiner ersten Station in Spanien, mal wieder richtig wohl. Neben Pablo waren auch noch Ana, seine WG-Mitbewohnerin aus Venezuela und Daniel, ein Freund aus Madrid da. Pablo und Ana mussten zwar arbeiten. Dafür machte ich mich mit Daniel auf den Weg (bzw. auf die Suche desselben!) zu einem buddhistischen Kloster. Nachdem wir so ziemlich alle Bergwege in der näheren Umgebung abgefahren hatten, wurden wir dann doch noch fündig. Sogar ein Schild mit den Öffnungszeiten fanden wir: Samstag, Sonntag und Feiertage – das nützte uns an einem gewöhnlichen Dienstag natürlich viel. Immerhin konnten wir den Aussenbereich mit irgendwelchem Blechtrommelzeugs anschauen und Daniel verbrannte ein paar Räucherstäbchen. Denzel, ein Riesending von einem Hund, holte sich bei Dani ein par Streicheleinheiten ab und begleitete uns dann auf dem Weg ums Kloster, bis er eine Katze sah, der er dann hinterher musste. Danach hatten wir uns eine Siesta redlich verdient, bevor wir an den Strand gingen und ich zum Abendessen eine selbstgemachte Pizza buk. Den zweiten Tag verbrachte ich damit, einige Bewerbungen zu verschicken. Später gingen Pablo, Dani und ich an den Strand, wo wir mit zwei weiteren von Pablos Freunden auf den Sonnenuntergang warteten. Da heute Anas freier Tag war, kochte sie irgendwas venezolanisches, das einem Fladenbrot aus Maismehl ähnelte und mit Butter, Frischkäse usw. lecker schmeckte. Danach machte ich die Torte, die wir am Vorabend ausgelassen hatten, um die 12’000 km zu feiern. Leider liess sich die Hälfte des Rahms nicht steif schlagen und so gab’s halt nur eine halbe Torte, die aber auch reichte.
Nun begann Pablos langes Wochenende und gemeinsam mit Dani machte er sich auf den Weg an ein Festival in der Nähe von Valencia. Ich startete in die Gegenrichtung. Die Einfahrt nach Barcelona war dann mal wieder so eine entnervende Angelegenheit. Man verlassen den Kreisel Richtung Barcelona, biege bei der Autobahnauffahrt auf die Parallelstrasse ab, folge weiterhin den (weissen) Barcelona-Wegweisern und erreiche nach 1-2km wieder den Ausgangskreisel! Für die 50 km brauchte ich letztlich fünf Stunden und 65 km! Eigentlich wollte ich Barcelona schnellstmöglich durch- oder umfahren. Allerdings sah ich ein paar Fotos auf Facebook: Emmanuele aus St. Gallen, den ich von der Spanischschule in Buenos Aires kenne und Paula, die in Buenos Aires wohnt, waren grad auf Städtereise in Barcelona. Also habe ich mich in der Nähe ihres Hotels günstig einquartiert. Am Abend schauten wir im Openair-Kino am Strand einen Gratisfilm – es gibt also wirklich Maschinen für Zeitreisen! Am nächsten Nachmittag besuchten wir das Camp Nou. Leider fand ich die Personalabteilung nicht – hätte ja sein können, dass sie wen suchen, um die Millionen beim nächsten Neymar-Transfer zu verstecken 😉 Am Abend erhielt ich dann eine private Stadtführung. José Luis sprang für seinen Sohn Oriol ein. Ein weiteres Mal, dass mir Warmshowers weiterhelfen konnte. Ich schrieb einige Mitglieder an, da ich eine Adresse für ein Paket brauchte. Oriol wartet zwar grad in Nordpatagonien, bis der dortige Winter vorbei ist, gab mir aber die Adresse seines Vaters, der mir am ersten Abend das Paket mit einem neuen eReader und meinen kleinen Fähnchen brachte.
Nun wollte ich mir etwas Zeit nehmen und in kürzeren Etappen der Costa Brava entlang nach Frankreich fahren. Am ersten Tag erreichte ich nach einer überraschend problemlosen Stadtausfahrt Blanes, wo ich zum ersten Mal seit November (Baja California) wieder mein Zelt brauchte. Der Zeltplatz war sauteuer, mässig sauber und das Personal auch nicht überwältigend freundlich. Nachts bildeten sich in den Rillen der Luftmatratze kleine Seen vom schwitzen und bis ca. 04.00 war es auf der anderen Seite des Zaunes sehr laut. Willkommen in den Touristenhochburgen! Unausgeschlafen machte ich mich am nächsten Morgen zeitig auf den Weg. Sonntagvormittag in Lloret de Mar war dann ziemlich ruhig. In einem Supermarkt kaufte ich eine detailliertere Landkarte und ein Rätselheft. Nach einer langen Pause und den Erinnerungen an letzte Nacht entschied ich mich um und wollte nun auf direktem Weg zur Grenze. Anstatt auf der Küstenstrasse hoch und runter fuhr ich also in die Hügel und fühlte mich gleich in den Bergen. Figueres lag dann aber trotzdem nur 28 müM. Dort nahm ich mir ein Zimmer und plante auch einen Ruhe- bzw. Schreib- und Organisiertag ein.
Weshalb in Figueres absteigen? Naja, es war halt Abend. Und weshalb nicht in Girona? Da war es halt noch nicht Abend. Das Städtchen war recht schön, hatte sehr viele Unterkünfte, allerdings ein ganz anderes, sprich ruhigeres und freundlicheres Ambiente als die Küstenorte. Als ich auf dem Stadtplan was von einem Dalí-Museum las, dämmerte mir dann, dass das wohl sein Geburtsort war und ich Angehöriger einer beinahe inexistenten Minderheit war, die einfach zufällig dort landet. Aus einem Ruhetag wurden zwei. Ich schrieb, liess neue Visitenkarten drucken und die kleinen Fähnchen der durchradelten Länder an meine Schweizerfahne nähen. So war ich für die letzten 25 km bis zur Grenze bereit.
In Valencia hatte ich mir schon überlegt, mit dem Zug an die französiche Grenze zu fahren. Zu sehr nervten mich die 1-2 Stunden täglich, die ich unnütz nach dem Weg suchte. Dazu kamen auch ziemlich viele unfreundliche oder unhöfliche Leute. So konnte es durchaus vorkommen, dass ich auf der Frage nach einem Weg oder Supermarkt usw. überhaupt keine Antwort erhielt. Oder auch Kassiererinnen, die mein “Guten Nachmittag” mit einem unwirschen “Willst du eine Tüte?” beantworteten. Zum Glück gab es aber auch andere Erlebnisse. Trotzdem war es das erste Mal auf meiner Reise, dass ich froh war, ein Land verlassen zu können!