Guadalajara III (Teil 1: 09.02.2014 – 10.03.2014)

Also eigentlich hätte ich ja bereits am 11. März weiterfahren wollen. Aufgrund diverser Anlässe habe ich dann meine Weiterreise wieder und wieder verschoben. Drum gibt’s jetzt halt mal ein Lebenszeichen, ohne dass ich an einen anderen Ort gewechselt wäre…

Zurück im Hostel fühlte ich mich gleich wieder zu hause – kaum angekommen, zogen wir nämlich ziemlich gleich mal los, um im neuen Hostel nochmals ein paar Wände vollzupinseln. Die Eröffnung verzögerte sich dann immer wieder. Die Bewilligung der Feuerwehr liess auf sich warten. Erst bemängelten sie ein paar Kleinigkeiten, die behoben wurden. Dann erfanden sie ein paar neue Mängel, die wurden dann mit MXN 300 beseitigt. Schliesslich meinte der Feuerwehr-Kommandant, sie hätten soooo viel Arbeit, das könne schon noch ein Weilchen dauern. Er fragte dann direkt “also Alejandro, was machen wir?” Schliesslich wollte er MXN 3’000 (40 Mindesttageslöhne!). Am nächsten Tag musste Alex dann nochmals intervenieren, bis der korrupte Faulpelz die Bewilligung in einer Minute freigab!

Ich musste mich noch endgültig von den Mistviechern in Playa del Carmen (bzw. von deren Bissen) erholen. Daneben schrieb ich ein bisschen und nach 10 Monaten merkte ich, dass die Landkarte endlich wieder funktioniert. Also musste ich noch ca. 120 Orte nachtragen, um diese wieder zu aktualisieren. Es war aber schon interessant, in Gedanken nochmals von Nordpatagonien über Alaska nach Mexiko zu reisen. Danach ging es auch gleich mit schreiben weiter: Der Internetauftritt vom Blue Pepper Hostel wollte auf Deutsch übersetzt werden.

Schliesslich holte ich dann nach beinahe zwei Monaten endlich mein Fahrrad wieder zurück ins Hostel. Am nächsten Tag machte ich mich damit gleich mal auf, um einen Veloladen für einen Service zu suchen. Nach ein bisschen hin und her traf ich auf der Avenida Chapultepec dann Joaquím. Er sei auch Mitglied bei warmshowers.org und könne mir was empfehlen. So brachte er mich zu Squirt Bike und ein paar Stunden später konnte ich ein gereinigtes und perfekt eingestelltes Velo wieder abholen. Nach den Erfahrungen von Jung im Dezember kaufte ich dann auch noch ein etwas dickeres Schloss. Zum Abschluss gab’s noch den Gratishinweis, die verchromten Zahnräder müssten nicht zwangsläufig schwarz sein…

Als nächstes wollte ich mal meine Bewerbungsunterlagen wieder auf Vordermann bringen. Dabei tauchten unerwartet zwei Probleme auf: 1. Beim Upgrade des Mailprogramms wurden viele ältere E-Mails gelöscht. So auch dasjenige mit den eingescannten Zeugnissen, Ausweisen und Diplomen. 2. Vom letzten Arbeitgeber fehlt mir immer noch das Arbeitszeugnis. Ich rief drum mal bei Kobelt an, falls sich der Chef noch an mich erinnern könne, soll er das bei Gelegenheit doch mal zu Papier bringen 😉

Auch meine Göttikinder (Souvenirs) und meine Mutter (Tagebuchseiten zum einscannen) wollte ich dann mal wieder mit einem Brief beglücken. Das war aber gar nicht so einfach. Am Freitagnachmittag ging ich zur nahen Poststelle. Die war zwar offen, allerdings waren die Servicezeiten bereits vorbei und so wurde ich auf Samstag vertröstet. Also bin ich am Samstag nochmals hin – um festzustellen, dass irgendwas nicht funktioniere und ich’s am Montag wieder versuchen soll. Gesagt, getan – am Montagvormittag funktionierte es natürlich immer noch nicht. Immerhin bekam ich nun mit, was genau nicht funktionierte: sie hatten keine Marken mehr auf Lager! Auf 14.30 vertröstet kam ich um 15.30 wieder zurück – natürlich immer noch ohne Marken. Ist ja auch verständlich. In diesem Kaff leben ja nur ca. 5 Mio. Menschen und die nächste Post ist wohl 1-2 km entfernt… Schliesslich fand ich dann eine andere Post im Zentrum, wo man mir weiterhelfen konnte. Ich war mir danach aber nicht mehr so sicher, ob das verschicken eine so gute Idee war. Schliesslich sollte ich ja in ca. fünf Monaten zurück sein und da wäre es unter Umständen schneller gewesen, wenn ich die Briefe gleich selbst mitgebracht hätte 😉

Eine gute Woche vor der Weiterreise ging ich mit Alex zu Walmart. Wir wollten endlich mal die kleinen Fussballtore und nach den Feuerwehr-Extrakosten spendete ich eines der beiden. Das erste Spiel mussten wir beim Stand von 2:2 unterbrechen, da Alex Angst um die anderen Gäste hatte – die hätten ja auch an den entfernteren Tisch sitzen können 😉 Zwei Tage später spielten wir dann weiter. Mit 5:3 behielt ich das bessere Ende für mich. So war ich also der offizielle Sieger des ersten Fussballspiels im Blue Pepper Hostel Chapultepec =D Später kamen dann noch ein 4:2 gegen Javier und ein 1:0 gegen James dazu, wobei den beiden schon vor dem Erreichen der üblichen 5 Tore die Puste ausging 😉

Am ersten Märzsonntag stand eigentlich das Spiel zwischen Chivas Guadalajara und Tigres Nueva León auf dem Programm. Da aber eine Gruppe Studenten aus Würzburg im Hostel ankam, schloss ich mich ihnen an und wir machten einen Ausflug ins Stadtzentrum und nach Tlaquepaque. Die Gruppe studiert Geografie und nimmt an einer Exkursion von Mexiko City nach Veracruz teil. Sie fanden aber, wenn sie schon so lange fliegen müssten, könnten sie auch gleich etwas früher anreisen und etwas mehr vom Land sehen. Die zu hause geschmiedeten Pläne wurden dann aber sehr schnell angepasst – Mexiko ist halt doch grösser, als man es erwartet.

Das musste ich auch mal in der deutschen Bild-Zeitung kundtun. Beim Nachlesen der Bundesligaberichte stolperte ich über einen Beitrag zur deutschen Tourismusmesse mit Mexiko als Gastland. Danach wurde die Frage gestellt, was man von Mexiko als Reiseland im Zusammenhang mit Verbrechen und Drogenkriegen halte. Natürlich meinten dann einige, hierher zu reisen sei nicht verantwortbar usw. Nun wurde zwar eben erst Drogenbaron “El Chapo” Guzmán in Mazatlán geschnappt und auch die Krise in Michoacán ist sicher eine ernste Angelegenheit. Trotzdem musste ich dann erwähnen, dass es von Morelia in Michoacán zum touristischsten Ferienort Cancún ca. 1’900 km seien, während man Berlin von Kiew her bereits nach 1’340 km erreiche! Klar muss man halt mal einen Ort oder eine Region auslassen. Nachts betrunken durch dunkle Gassen zu wanken, wie das gewisse Touris ja gerne mal tun, ist aber auch in europäischen Städten nicht unbedingt empfehlenswert 😉

Nun aber wieder zurück nach Guadalajara. Hier musste ich dann meine Siebensachen mal komplett ausräumen und neu verstauen. Für die beiden Reisen nach Costa Rica und Playa del Carmen nahm ich natürlich nur das Notwendige mit und brachte so meine Packordnung durcheinander. Dafür konnte ich die Gelegenheit aber auch nutzen, um mal ein paar aktuelle Fotos meiner Ausrüstung zu schiessen. Dabei wurde dann auch die erste Speicherkarte voll und so musste ich einen Tag nach dem Versand der drei Briefe nochmals einen schreiben – immerhin hatten sie in der Zwischenzeit ein paar Marken gefunden. Vor dem Versand lud ich noch die verbliebenen ca. 120 Fotos auf Willis Internetseite hoch, was ca. fünf Stunden dauerte! Später las ich dann, dass er für den Download nur ca. vier Minuten brauchte 😉

Solange ich noch eine Küche zur Verfügung hatte, wollte ich das natürlich ausnützen. Ich kaufte also alle Zutaten für unseren beliebten Virginia-Cake. Naja, fast alle – gemahlene Mandeln gab es keine, Kokosraspel mussten ersatzweise herhalten. Schliesslich ging’s ans Backen. Als erstes Problem kristalisierte sich die fehlende Waage heraus – oder weiss jemand, wieviel 200g Zucker aus einem ca. 5kg-Sack sind? Bei der Maisstärke bemerkte ich im Supermarkt nicht, dass sie mit Erdbeergeschmack versetzt war. Ehrlich gesagt, ich wusste nicht mal, dass es sowas gibt 😉 Naja, die 50g Erdbeer-Maisstärke waren jedenfalls genug um den ganzen Kuchen rosa zu färben und auch der Geschmack übertönte alles andere. Auf den zweiten Biss war er aber doch lecker =D

Am letzten Samstagabend war in Fernandos Bar “La International” ein spezieller Anlass. Man solle helle Kleider tragen und dann wollten sie mit Leuchtfarben unter den Gästen wüten. Ich sah dann auch viele mehr oder weniger kunstvoll verschmierte – äähhh verzierte – Gesichter, die Farbtypen kamen bei mir aber nicht vorbei. Was etwas auf die Stimmung drückte waren die mässige, nicht wirklich zum Anlass passende Musik und die schlechte Organisation an der Bar. Unglaublich, ich hätte nie gedacht, dass der Service irgendwo auf der Welt noch schlechter sein kann als in der Habsburg.

Alex darf hier natürlich auch nicht fehlen. Er arbeitet ziemlich europäisch, nervt sich dafür aber oft, dass er sich dabei mit so sprichwörtlichen lokalen Tugenden wie Korruption oder “morgen ist doch auch noch ein Tag” rumschlagen muss. Eigentlich wollte er (allenfalls zusammen mit Bruder Fernando) mich für eine gute Woche bis Mexiko City begleiten. Durch die vielen Extrakosten müsste er dafür aber seine eiserne Reserve antasten, was er verständlicherweise nicht möchte. Die Anekdote mit seiner Umstellung auf vegane Ernährung darf aber auch nicht fehlen. An einem Samstagmorgen gingen wir zu einem Strassenstand und während ich eine Torta Ahogada bestellte, blieb er bei Tacos mit Bohnen, da er sich nun einen Monat vegan ernähren wolle. Mein Einwand, ob er es nicht vielleicht erst mal mit vegetarisch versuchen wolle, gefiel ihm nicht. Zwei Stunden später kam er dann mit dem aufgewärmten letzten Pizzastück vom Vorabend um die Ecke. Nun war der Käse darauf schon mal bestimmt nicht vegan und da wir eine mit Salami, die zweite mit Schinken bestellt hatten, war das letzte Stück nicht mal vegetarisch. Nun… Die vegane Karriere dauerte also ziemlich genau zwei Stunden bzw. immer wieder zwischen Nachtessen und Frühstück 😉

Und dann gab’s in den letzten Tagen noch ein paar “Jubiläen”: 7. März = 365 Tage in Lateinamerika, 8. März = 15 Monate seit Abflug, 9. März = 15 Monate in Amerika =D